Saatgutbehandlung
Grundsätzlich ist zu sagen, dass Samen jedweder Art unbedingt lichtgeschützt, trocken und kühl aufzubewahren sind. Beachtet man dies nicht, kann es passieren, dass die Samen unbrauchbar werden ( = nicht mehr keimfähig sind oder bereits gekeimt haben bei Feuchtigkeit).
Wichtig ist auch, dass man Samen nur anfasst, wenn die Hände fettfrei sind (vorher Hände waschen oder Handschuhe tragen), denn Fett verhindert/stört die Keimung, da das Wasser nicht schnell genug in den Samen eindringen kann.
Die Haltbarkeit bzw. Keimfähigkeit von Samen ist verschieden. Man sagt bei Tomatensamen, dass sie bis zu 5 Jahre lang voll keimfähig sind und dass die Keimfähigkeit danach abnimmt. Dies kann ich aus eigener Erfahrung nur bedingt bestätigen, denn ich habe festgestellt, dass die Samen auch weitaus länger keimfähig bleiben (teilweise über 10 Jahre!).
Anders sieht es hingegen bei Gurken-, Paprika- und Chili/Pepperonisamen aus – diese sind bei weitem nicht so lange keimfähig wie o.g. Tomatensamen, hier nimmt die Keimfähigkeit bereits nach ca. 2 Jahren deutlich ab.
Wer sichergehen möchte, dass die Keimfähigkeit der Samen noch gegeben ist, kann ganz einfach eine Keimprobe machen: man nimmt hierzu ein nasses Küchentuch/Watte o.ä. und legt die Samen hinein. Das Ganze warm stellen (z.B. an die Heizung), und wenn nach ein paar Tagen noch keine Keimung stattgefunden hat, wird es in den meisten Fällen auch nichts mehr. Die Keimung „anschubsen“ und gleichzeitig die künftigen Pflänzchen vor möglichen Auflaufkrankheiten (Pilzbefall) zu schützen, ist mit dem sog. „Beizen“ möglich: hierbei bedient man sich diverser Pflanzenschutzmittel, genannt seien hier beispielsweise ein Kräuterbad aus Ackerschachtelhalmtee, Kamille oder Knoblauch- sowie Zwiebeltee. Letztere sorgen für eine antimykotische bzw. antibakterielle Wirkung. Da ich kein Freund von Chemie im Hobbygarten bin, verwende ich keine Biozide/Insektizide wie sie zum Beispiel im Erwerbsanbau oft zum Beizen genutzt werden.
Es gibt nicht nur die Flüssigbeize, sondern auch die sog. „Trockenbeize“ – hierbei werden die Samen mit feinem Sand zwischen den Fingern gerieben, so dass die Samenhülle leicht angeritzt wird und das zur Keimung benötigte Wasser leichter in den Samen eindringen kann.
Aussaat/Pikieren/Abhärten/Auspflanzen/Düngen
Man sollte nicht zu früh säen, vor allem nicht Tomaten und Gurken. Ist die Zeit zu lang, bevor man auspflanzen kann, steigt die Gefahr, dass sie „schießen“ (auch „vergeilen“ genannt). Hierbei werden die Keimlinge/jungen Pflänzchen zu lang, sie sind hellgrün und kippen um, weil sie zu schwach sind. Gründe hierfür sind zu hohe Temperaturen bei zu wenig Licht und/oder zuviel Dünger. Es ist zwar möglich, diese Pflanzen „durchzubringen“, allerdings bleiben sie oft sehr krankheitsanfällig. Also gilt die Devise, schnellkeimende Samen wie die von Tomaten und Gurken möglichst spät auszusäen (hier reicht es vollkommen aus, Mitte März bis Mitte April damit anzufangen!) und nur Samen von Pflanzen, die eine lange Keimzeit haben, früher zu säen (Paprika, Pepperoni, Chili Ende Januar, Anfang Februar). Während des Keimvorganges sollte das verwendete Substrat schön feucht gehalten werden – sind die ersten Sämlinge erschienen, nur noch mäßig gießen bzw. besprühen, und immer erst dann, wenn die Oberfläche des verwendeten Substrats trocken ist. Auch ist darauf zu achten, dass die Behälter Löcher im Boden haben, damit überflüssiges Wasser abfließen kann. Dieses bitte umgehend wegschütten, denn Staunässe vertragen unsere jungen Pflänzchen absolut nicht. Ich verwende kleine Zimmergewächshäuser, diese halten die Feuchtigkeit konstant. Man kann natürlich auch ausrangierte Plastikbehälter benutzen (bsp. leere Fruchtgummi-Dosen, Salatdosen etc.) und bis zur Keimung Frischhaltefolie darüber spannen. Welche Variante auch immer genommen wird, wichtig ist, dass die Behältnisse täglich gelüftet werden, denn sonst könnte das Substrat anfangen zu schimmeln. Sobald die ersten Sämlinge sichtbar sind, muss das Dach der Zimmergewächshäuser bzw. die Folie über den Dosen/Blumentöpfen entfernt werden (auch dann, wenn noch nicht alle Keimlinge des Behältnisses erschienen sind). Ich habe vor einigen Jahren mal unfreiwillig getestet, was passiert, wenn man es nicht macht – ein Tag hat gereicht, um sämtliche Sämlinge schießen zu lassen, so dass sie am Ende des Tages umgekippt auf dem Substrat lagen 🙁
Kleiner Tipp am Rande: gießen bitte nur ganz, ganz spärlich, denn wenn die Pflänzchen das Wasser und die Nahrung erst „suchen“ müssen, bilden sie dafür jede Menge Wurzeln und damit einen kräftigen Wurzelballen aus. Das wiederum sorgt später für eine gute Versorgung der Pflanze. Düngen ist erstmal nicht notwendig, 1. ist die Gefahr des Vergeilens dann noch größer und 2. ist die Notwendigkeit des Wurzelbildens nicht mehr voll gegeben (da die Nahrung ja direkt in die Pflanze gezogen werden kann). Als Substrat empfehle ich aus diesem Grund auch magere Aussaaterde, die auch zusätzlich noch mit feinem Sand oder Perlite vermischt werden kann (aber nicht muss). Sehr gute Erfahrungen habe ich mit reinem Perlite gemacht (aus Vulkangestein, nicht zu verwechseln mit Bau-Perlite!) – es ist keimfrei, das Pikieren fällt leichter, überschüssiges Wasser kann besser ablaufen und man kann es mehrmals benutzen. Verwendet man Perlite, sollte man die Pflänzchen 2 Wochen nach der Keimung mit leichtem Dünger versorgen (hier kann man dann leider nur flüssigen Kunstdünger nehmen, da organischer mangels Erde nicht wirken kann). Blumenerde ist ungeeignet zum Aussäen, da der enthaltene Dünger die Keimung beeinträchtigt und die Pflanzen schießen lässt. In Aussaaterde ist zwar auch Dünger enthalten, dies aber nur minimal.
Wer möglichst naturnah gärtnern möchte, kann ein- oder auch mehrmals täglich leicht mit der flachen (und gewaschenen!) Hand über die Keimlinge streichen – dies simuliert den Wind, dem die Pflänzchen in der Natur ja auch ausgesetzt sind. Das hat den Vorteil, dass sie stämmiger werden, denn jede Berührung oder leichter Wind verursacht feinste Risse in den kleinen Pflanzenstielchen, was sie umso kräftiger werden lässt.
Licht ist wichtig, wenn nicht sogar das Wichtigste neben der Temperatur – am Südfenster stehen unsere kleinen Sämlinge ideal, anderswo steigt die Gefahr des Vergeilens (s.o.). Ich beleuchte meine Pflänzchen zusätzlich mit einer selbstgebastelten Apparatur inkl. ganz normaler Tageslichtröhren mit Blaufarbanteil (Fotos dazu im Folgenden bei der bebilderten Ausführung meiner Tomatenanzucht).
Keimquoten: auch hier sind die Tomatensamen mit Abstand an der Spitze. Ich erziele regelmäßig Keimquoten von 90-100%.
Sehr unterschiedliche Erfahrungen habe ich mit Gurken-, Paprika-/Chili-/Pepperonisamen gemacht: erreichen manche Sorten Keimquoten von nahezu 100%, kommt es bei einigen Sorten auch schon mal zu Totalausfällen. Dies kann allerdings auch an zu alten Samen usw. liegen (siehe Saatgutbehandlung).
Was das Pikieren angeht, muss ich bei diesem Begriff jedesmal an meine Gartenanfängerzeit denken – wie ich verzweifelt versucht habe, herauszubekommen, was das denn eigentlich überhaupt sein soll. Falls sich hier ebensolche Anfänger, wie ich damals einer war, tummeln sollten: pikieren nennt man den Vorgang des Umsetzens/Umpflanzens eines Keimlings. Man sagt, dass sobald das erste richtige Blattpaar richtig ausgeprägt ist (also nicht das allererste Keimlingsblattpaar, sondern das darauffolgende 2. Blattpaar), die Pflänzchen umgetopft werden sollen. Dies macht man folgendermaßen: die Keimlinge werden direkt unter den Blättchen am Wurzelhals angefasst und die Erde/das jeweilige Substrat mit einem Pikierholz oder einem Bleistift vorsichtig gelockert (es gibt zwar spezielle Pikierhölzer, aber ich benutze seit jeher einen Bleistift dafür, das funktioniert genausogut). Vor dem Einpflanzen sollten die Wurzeln mit den Fingernägeln eingekürzt werden, denn dann verzweigen sie sich umso üppiger und ein kräftiger Wurzelballen wird entstehen. Wichtig: bitte die Wurzeln im Pflanzloch nicht knicken! Die Knickstellen könnten schimmeln, was natürlich kontraproduktiv ist. Die Keimlinge sollten möglichst tief in die Erde gesetzt werden – das gilt insbesondere für sowieso schon zu lang geratene Pflänzchen. Am besten setzt man sie bis zu den Blättchen in die Erde, sie haben dadurch mehr Halt. Arten wie z.B. Tomaten bekommen am in der Erde liegenden Stiel zusätzliche Wurzeln, was für Stabilität und ein ausgeprägtes Wurzelwerk sorgt.
Man kann durchaus auch mehrmals pikieren, was ich allerdings i.d.R. nicht mache.
Das Abhärten der Pflänzchen ist in unseren Breitengraden bei Aussaat und Aufzucht im Haus unbedingt notwendig. Es bedeutet, dass die jungen Pflanzen erst an die Bedingungen „draußen“ gewöhnt werden müssen, bevor sie endgültig ausgepflanzt werden können. Auch, wenn man vorhat, sie in ein Gewächshaus zu pflanzen, sollte das Abhärten vorher ausgiebig stattfinden. Sobald das Wetter etwas besser ist, sprich: kein Frost und kein Regen herrschen, kann damit begonnen werden. Man bringt die Pflänzchen also täglich nach Draußen, anfangs nur ein paar Stunden (unbedingt auf einen Windschutz achten und nicht in die pralle Sonne stellen (abschatten), sonst drohen umgeknickte Pflanzen sowie Verbrennungen!), später ruhig von morgens bis abends.
Sonnenbrand: es ist schnell passiert – ich wollte es vor Jahren nicht glauben und habe nicht darauf geachtet, die Pflänzchen vor der grellen Mittagssonne zu schützen bzw. sie abzuschatten. Abends waren die Blätter weiß und fühlten sich an wie Pergamentpapier – sie waren tot. Da geht dann wirklich nichts mehr! Die Gewöhnung geht allerdings recht schnell, und bald ist es kein Problem mehr, die Pflanzen der prallen Sonne auszusetzen.
Ausgepflanzt werden sollten sämtliche Jungpflanzen erst ab Mitte Mai (nach den Eisheiligen), denn ein einziges Mal Frost könnte ihnen den Garaus machen oder zumindest für einen Wachstumsstopp sorgen. Wer über ein beheizbares Gewächshaus verfügt, kann natürlich früher auspflanzen.
Dünger/Brühen: Tomaten, Gurken, Paprika und Pepperoni/Chili sind sog. „Starkzehrer“, d.h., sie benötigen viele Nährstoffe, um zahlreiche Früchte ausbilden zu können. Wie gesagt, von der Anzucht bis zum Auspflanzen (und noch ca. 2 Wochen danach) sollte man möglichst wenig düngen (damit sich ein ausgeprägtes Wurzelwerk bildet und dieses die Pflanze bzw.die Früchte später gut ernähren kann, s.o.), aber sobald die Pflanzen nach dem Aussetzen an ihrem endgültigen Platz gut angewachsen sind, sollte man sie mit einem Spezialdünger oder eigens hergestellter Jauche düngen (Brennesseljauche als guter Stickstofflieferant kombiniert mit Beinwelljauche als guter Kaliumlieferant ergibt einen sehr guten Dünger!).
Ich verwende teilweise auch den organischen Flüssigdünger von Neudorff und gieße regelmäßig prophylaktisch mit meiner selbst hergestellten Spezialbrühe aus Ackerschachtelhalm und diversen Kräutern (Abschnitte aus meiner eigenen Kräuterzucht).
Da die Ackerschachtelhalmbrühe schwach düngend und vor allem pflanzenstärkend wirkt, darf man sie ruhig auch schon bei den Keimlingen anwenden. Sehr gute Erfahrungen habe ich auch mit Algan von Neudorff gemacht – dies ist eine Wachstums- und Wurzelbildungshilfe, die, wie der Name schon sagt, aus Algen besteht. Algan ersetzt allerdings keinen Dünger.
Rezepte für Jauchen und Brühen siehe unter „Biol. Pflanzenstärkung“.